Wie wird Frau fachlich, emotional und mental stärker?
Vom 30. Juni bis 02. Juli 2014 fanden zum siebten Mal die „Brühler Gleichstellungstage“ statt. Dabei handelt es sich um eine Veranstaltung, die von der Bundesakademie für öffentlichen Verwaltung in Zusammenarbeit mit dem Interministeriellen Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden (IMA), der Fachhochschule des Bundes und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen, und Jugend (hier insbesondere der für Gleichstellung zuständigen Abteilung 4) durchgeführt wird. Über 220 Teilnehmerinnen aus ganz Deutschland und aus Österreich waren nach Brühl gekommen, um sich „Fit für Gleichstellung“ zu machen. Was hatte die zuständigen Verantwortlichen dazu bewogen, in diesem Jahr dieses Thema zu wählen?
Anforderungsprofil an das Amt
Bereits bei den Brühler Gleichstellungstagen 2010 thematisierte ein Vortrag von Dr. Thorsten von Roetteken – Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Frankfurt/Main - das „Anforderungsprofil der Gleichstellungsbeauftragten“. Er verdeutlichte in diesem Zusammenhang sehr eindringlich, dass aus der Weisungsfreiheit und der fachlichen Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten nicht auf das Fehlen eines Anforderungsprofils für das Amt geschlossen werden darf. Hierunter fällt auch eine Fortbildungspflicht gemäß §10 Abs. IV BGleiG. Die dem Amt inne wohnende institutionalisierte Konfliktstellung – insbesondere im Verhältnis zur Dienststellenleitung – erfordert als zentrales Element des persönlichkeitsbezogenen Anforderungsprofils eine über das normale Maß hinausgehende Konfliktfähigkeit. Auch Frau Prof. Doris Krumpholz von der FH-Düsseldorf beschrieb damals in einem Vortrag dezidiert die vielschichtigen Erwartungen an Gleichstellungsbeauftragte und leitete daraus unter anderem die personalen Anforderungen und Kompetenzprofile ab, die facettenreich sind: zum Beispiel Empathie einerseits und „ein dickes Fell“ andererseits bei Konflikten; Diplomatie einerseits und auf der anderen Seite Durchsetzungsvermögen, Abgrenzungsfähigkeit, Mut, innere Stärke und Selbstbewusstsein. Zum Teil erinnert das Anforderungsprofil stark an das hochrangiger Führungspersönlichkeiten. Die Aufgabe erfordert rhetorische und strategische Fähigkeiten, Verhandlungsgeschick, Organisationstalent und Organisationskenntnisse, Selbststeuerungsfähigkeit, Umgang mit Emotionen, Flexibilität und nicht zuletzt Frustrationstoleranz und auch die Fähigkeit, im entscheidenden Moment Vertrauen zu erzeugen und Klarheit zu schaffen, also: Führungskompetenzen!
Einzelkämpferin in Sandwich-Position
Die Messlatte des Anforderungsprofils einer Gleichstellungsbeauftragten liegt somit hoch. Nach ihrer Wahl vollziehen Gleichstellungsbeauftragte einen enormen und mit erheblichen Herausforderungen verbundenen Wandel: Hin zu einer mitgestaltenden Kraft, zur Coachin, zur Mentorin und bisweilen auch zur Mediatorin. Und oft sitzen Gleichstellungsbeauftragte als Teil der Personalverwaltung in der nicht gerade angenehmen „Sandwich-Position“ zwischen den sie wählenden Frauen, den Interessen der Personalverwaltung und ihrer Dienststellenleitung. Häufig nehmen sie sich hier als Einzelkämpferin wahr. Somit stellt sich insbesondere die Frage, die sich auch für (obere) Führungskräfte immer wieder stellt: Wo bleiben dabei eigentlich die eigenen, berechtigten Interessen? So stand bereits im Rahmen der Tagung 2010 die Frage der Teilnehmerinnen im Raum: „Wir wissen jetzt, was wir können müssen, aber wie erlangen wir die dafür notwendigen Kompetenzen?“.
Wie halte ich mich fit, persönlich und fachlich?
Diese Frage wurde bei der Konzeption der diesjährigen Tagung aufgegriffen, ausgehend von dem Gedanken, dass nur gut informierte und kompetente Gleichstellungsbeauftragte die nötige Basis haben, ihr Amt erfolgreich auszuüben, ohne „auszubrennen“. Die Anforderungen an die persönlichen und fachlichen Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten werden vor dem Hintergrund der sich ständig wandelnden und schnelllebigen Arbeitswelt zudem nicht geringer.
Deshalb war es gar nicht visionär, sondern nur konsequent zu fragen: Wie ist es machbar, sich unter all diesen Anforderungen fachlich, emotional und mental fit zu halten? Und was können Gleichstellungsbeauftragte und die Arbeitsorganisation, in der sie sich bewegen, tun, um ein gesundes, produktives Arbeiten zu fördern?
Die Aktivierung der hierfür notwendigen Kernkompetenzen und persönlichen Ressourcen war das das Ziel der fachlichen und vor allem der verhaltensorientierten Workshops bei den diesjährigen „Brühler Gleichstellungstagen“.
Darüber hinaus wurde aber auch wichtige fachliche Arbeit geleitet. Am Eröffnungstag hielt Elke Ferner, Parlamentarische Staatssekretärin im BMFSFJ, eine Rede zum Thema „Aktuelle gleichstellungspolitische Vorhaben der Bundesregierung“. Die Teilnehmerinnen diskutierten im Anschluss rege mit der Staatssekretärin über die anstehenden Änderungen des Bundesgleichstellungsgesetzes Diese Diskussion wurde mit Renate Augstein, der zuständigen Abteilungsleiterin im Ministerium, am Schlusstag nochmals aufgegriffen und weiter vertieft.
Die Auswertung der Evaluationsergebnisse hat gezeigt, dass dies im besten Sinne gelungen ist. Es wurde deutlich, dass Fortbildung auch Spaß bereiten kann, ohne die Ernsthaftigkeit der Themen zu vernachlässigen. Eine Vielzahl der Teilnehmerinnen kann bestätigen: Es fühlt sich gut an, „happy“ und gestärkt in die Herausforderungen des Arbeitsalltags zurückzukehren.
In der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung haben die Erfahrungen und Erkenntnisse der „Brühler Gleichstellungstage 2014“ Maßstäbe gesetzt und werden perspektivisch in die Weiterentwicklung des Fortbildungsangebots für Gleichstellungsbeauftragte einfließen.
Zur Eröffnungsrede von Präsident Dr. Alexander Eisvogel
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